7 Schwaben bei M. Metzger-Tagung in Freiburg
12. Feb 2015
Was weiß die christliche Welt von diesem ganz seltenen Menschen….?
Die Frage des Gefängnisseelsorgers Peter Buchholz, der von
der Persönlichkeit Max Josef Metzgers seinem Kämpferleben und seinem
Märtyrertod tief beeindruckt war, gilt noch heute. Die erhoffte Seligsprechung
könnte daran einiges ändern, aber sie ist erst in die Wege geleitet. Und bis
dahin?
pax christi Freiburg wollte der Frage nachgehen, was dieser
Priester, Pazifist und Pionier der Ökumene heute noch zu sagen hat: „Der Krieg,
die Kirchen und die Pazifisten“ nannte sich die Tagung am 16. und 17. Januar in
der Katholischen Akademie Freiburg. Unter den ca. 80 Teilnehmerinnen und
Teilnehmern waren wir zu Siebt aus der Diözese Augsburg. Hatten wir bis dahin
M.J. Metzger, der von 1928 bis 1940 in Meitingen bei Augsburg wirkte und dort
begraben ist, als einen der „unsere“ betrachtet, so erfuhren wir bald, dass er
wohl eher ein Freiburger war und ist. Es ging uns spätestens auf, als wir
lauthals das von Metzger vertonte Schwarzwaldlied mitsangen: „Oh Freiburg,
Schwarzwaldedelstein“. Auf dem Bühler Friedenskreuz, dem zentralen Symbol der
Freiburger pax christi-Bewegung, ist der Name von M.J. Metzger eingraviert und
die Diözese Freiburg betreibt sein Verfahren zur Seligsprechung – wir freuten
uns sehr, dass sein Andenken weit von Augsburg
und Meitingen so lebendig erhalten blieb.
Der Einführungsabend zeigt uns „ein
musikalisch-literarisches Portrait“ Max Josef Metzgers. Junge Leute aus der
Musikhochschule Freiburg sangen die geistlichen und weltlichen Lieder und seine
Vertonung liturgischer Texte. Andreas Mölder, Theologe und Musiker hat seine
Diplomarbeit über das musikalische Werk Metzgers verfasst. Er brachte es
fertig, das ganze Auditorium zum Mitsingen zu bewegen, wo der Komponist dem
‚Volk’ neben dem ‚Kantor’ und der ‚Schola’ seine wichtige Rolle zugeteilt
hatte. Metzgers Gedanken zur Liturgie und zur Beteiligung des Volkes sind noch
heute bedenkenswert. Er war – wie in seinem Ringen um Frieden und die Einheit
der Christen – auch hier seiner Zeit voraus und zog sich entsprechend – z.B.
vom damaligen Augsburger Bischof – den gehörigen Tadel zu.
Freiburger Abend zog uns alle, vor allem auch in Texten und
Gedichten Metzgers, die Prof. Meinrad Walter vortrug, in den Bann dieses selten
vielseitig begabten Menschen. Er lebte sozusagen mitten unter uns in der
Gegenwart, noch weit in den „Ausklang“ hinein und in die Gespräche bei Wein und
Brot.
Am nächsten Tag erläuterte uns die Freiburger
Kirchengeschichtlerin Dr. Barbara Henze, warum die christliche Friedensbotschaft
vor und im 1. Weltkrieg so wenig Widerhall fand: vorherrschend war der Glaube:
1. „Gott, der Herr ist Lenker der Geschichte der Völker – er könnte allein
Frieden schaffen, wenn er wollte. 2. Die „gerechte Sache“ muss zum Sieg führen.
3. „Opfergeist“ ist notwendig – nicht Großes in der Welt ohne Opfer.
Christian Heß, der junge Regens des Freibruger Priesterseminars,
hat über M.J. Metzger promoviert. Er hielt den nächsten Vortrag über
Lebenseinsatz „für den Frieden der Welt und die Einheit der Kirche“. Metzger
kam nicht als Pazifist zur Welt: am 3. Tag des 1. Weltkriegs ließ er sich in
den allgemeinen Taumel hineinziehen und meldete sich freiwillig. Er erlebte und
erlitt die erbittere Schlacht am Hartmannweilerkopf im Elsass. Eine
Ruhr-Erkrankung machte seiner Soldatenzeit 1915 ein Ende. Es waren aber nicht
die Kriegsgräuel, die ihn zum Pazifisten machten, im Vordergrund stand sein
Glaube: „Christus muss König sein“ (1.Kor.15,25) und Christus bürgt für
Frieden. 1917 gründet Metzger den „Weltfriedensbund vom Weißen Kreuz“ zur
inneren Erneuerung der Christen aus dem Geist des Evangeliums.
Wir würden den Freiburger Priester heute als „Politischen
Theologen“ bezeichnen, als einen „Pazifisten mit offenen Augen“. Er sah den
Krieg als Geschäft des internationalen Großkapitals, als ein „diabolisches Geschäft“, das mit Gott nichts
zu tun hatte. Weil Christus über den Parteien stand, konnte er auch – damals
für Katholiken unmöglich – mit Sozialisten sprechen, oder auf internationalen
Kongressen für Völkerfrieden. Die klare Zentrierung des Glaubens auf Jesus
Christus ließ Metzger Brücken finden zu den anderen, „getrennten“ Kirchen. Die
„Una Sancta“, die „eine heilige“ Kirche ist für ihn durch die Taufe eine
unsichtbare Realität. Sie gibt ihm ein neues Bewußtsein gegenüber den
politischen Mächten, ihrer Kriegsrüstung und Militarisierung.
Weil diese Kirchen „Pilgerin“ bleibt, braucht sie Propheten,
die ihre Einheit und ihre „Vielfalt in Freiheit“ verteidigen. So ein Prophet
war und bleibt Max Josef Metzger.
Vom Verhältnis des „Friedensbundes Deutscher Katholiken“ zu
pax christi referierte der „Augsburger“ Michael Rösch, Mitglied im
Bundesvorstand von pax christi. Nachdem die Friedensappelle der Päpste Puis X.
und Benedikt XV. ziemlich wirkungslos vor und im 1. Weltkrieg verhallten,
schlossen sich 1923 - stark inspiriert
von Dominikaner Stratmann – engagierte Katholiken zum „Friedensbund“ zusammen:
„Wenn du den Frieden willst, rüste für den Frieden“ – durch
Öffentlichkeitsarbeit, Erziehung, Gebet und Gottesdient. Die Mehrheit der
deutschen Bischöfe stand dem „Friedensbund“ skeptisch gegenüber, weil sich die
Laien dem Klerus nicht einfach unterordnen wollten. Max Josef Metzger vertrug
sich nicht mit Stratmann und hatte mit seinem „Weltfriedensbund“ eine viel weiteren
Horizont. Nach der Auflösung des „Friedensbundes“ durch die Nazis gründete sich
nach dem 2. Weltkrieg von Frankreich aus die pax christi Bewegung, die aber
erst in den 80er Jahren zu den politischen Zielen des Friedensbundes deutscher
Katholiken zurückfand.
Auf der Freiburger Tagung hörten wir noch von
Oberkirchenrätin Karen Hinrichs, dass sich die badische Landeskirche als
„Kirche des gerechten Friedens“ versteht und einen „argumentativen Verantwortungs-Pazifismus“
vertritt. Anders als die EKD lehnt sie Krieg auch als „Letzte Möglichkeit“ ab.
Von Max Josef Metzger hatten die meisten bis in die jüngste Zeit nichts
gewusst.
Der bekannte Journalist Andreas Zumach konfrontierte uns am Ende
der Tagung mit der Kriegswirklichkeit in der Ukraine, in Syrien und der
arabischen Welt. Scheitern letztlich alle Friedensbewegten und Friedenskämpfer
wie Max Josef Metzger an brutalen Herrschern, die Recht brechen und an der
Realität von Kriegsrüstung, die auf Einsätze wartet?
Nein – es gibt keine vernünftige Alternative zum gerechten
Frieden, zu Friedenswegen, auf denen Pioniere und Friedensbewegte vorangehen
müssen. Für sie bleibt M.J. Metzger ein Vorbild: er ist ein „phantastischer
Universalist“ in allen Dingen des Lebens, trotz seines Scheiterns gehört er zu
den „Stärkeren im Geist“ er ist ein „Pazifist mit offenen Augen“ für
Hintergründe und Ursachen von Kriegen, ein unerschrockener Kämpfer, der dem
Streit mit geistlichen und weltlichen Herren nicht auswich. Er ist ein
Einzelkämpfer und sucht Verbündete in der Welt einer „Christenheit in Vielfalt
und Freiheit“. M. J. Metzger würde heute auch dem Satz zustimmen „es gibt
keinen Weltfrieden ohne Frieden unter den Religionen“. Es ist gut, dass wir
diesen „seltenen Menschen“ unter uns hatten und haben.
Dr. Michael Mayr